In den vergangenen Wochen hatten wir Ihnen bereits vier Prinzipien für Qualität in der VUKA-Welt vorgestellt: Gestaltung, Vielfalt, Achtsamkeit und Kompetenzbasierte Entscheidungen.
Heute wenden wir uns einem Kernprinzip zu, das gerade in unserer krisenhaften Zeit brandaktuell ist: Statt der Egozentrik zu folgen, legen wir den Fokus auf unsere Kunden und unsere sonstigen Stakeholder. Unser Motto: Mit Kundenfokus statt Egozentrik durch die Krise!
Trotz aller feierlichen Bekenntnisse zur Kundenorientierung, wird der Kunde oft als Mittel zum Zweck behandelt.
Kundenorientierung ist ein Schlüsselbegriff des heutigen Managementverständnisses. Wie wichtig die Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Kunden ist, stellt wohl niemand in Frage. Schließlich entscheiden die Kunden im marktwirtschaftlichen System über die Existenz von Unternehmen. Den Kunden zu dienen, den Anforderungen und Bedürfnissen der Kunden zu entsprechen, sollte daher oberstes Ziel aller Unternehmensaktivität sein.
Aber denken und agieren wir wirklich kundenorientiert? Gerade in Krisenzeiten liegt die Versuchung nahe, egozentrisch zu handeln und die Kunden als Mittel zur Befriedigung eigener Interessen zu behandeln.
Im Modell Shareholderorientierung ist es der Zweck des Unternehmens, maximalen Gewinn für die Eigentümer zu erwirtschaften. Die Kunden und ihre Bedürfnisse sind das Mittel zum Zweck.
Im Modell Kundenorientierung ist der Zweck des Unternehmens die Befriedigung der Kundenbedürfnisse. Gewinn ist dann lediglich eine finanzielle Ressource, also ein Mittel zum Zweck.
Die explizite Botschaft fast aller Unternehmen ist Kundenorientierung. Die implizite Botschaft vieler Unternehmen ist Gewinnmaximierung.
Shareholderorientierung herrscht in der Mehrzahl unserer Unternehmen vor. Das bedeutet, dass die Erfüllung der Anforderungen der Eigentümer und Investoren höher rangiert als alle anderen Ziele. Dies wirkt sich auf alle qualitätsrelevanten Entscheidungen und Handlungen aus, wie beispielsweise die Haltbarkeit von Produkten oder die Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards.
Die Shareholder- und Profitorientierung ist nicht die einzige Ursache für mangelnde Kundenorientierung. Sonst gäbe es ja diesen Mangel beispielsweise in Behörden nicht.
In vielen Organisationen ist Egozentrik das vorherrschende Prinzip. Egozentrik zeigt sich in der Gewohnheit, die Welt lediglich durch die eigene Brille zu betrachten und die eigenen Bedürfnisse und Probleme zum Maßstab allen Handelns zu machen. Die Bedürfnisse des anderen wahrzunehmen und sie in den Fokus zu stellen, Empathie also, wird eher vermieden. Sie wäre aber die Grundlage echter Kundenorientierung.
Durch die Augen des Kunden sieht die Welt anders aus!
Ohne die uneingeschränkte Umsetzung des Prinzips Kundenfokus statt Egozentrik ist Qualität nicht möglich.
Wer ist eigentlich der Kunde, um den es bei der „Kundenorientierung“ geht und der in allen Qualitätsdefinitionen eine entscheidende Rolle spielt?
Der Kunde ist im allgemeinen, wirtschaftlichen Verständnis der Bezieher einer Leistung, die er beauftragt hat und wofür er üblicherweise eine Gegenleistung (vorwiegend in Form von Geld) schuldet.
Dieser Kundenbegriff trifft meist auf externe Kunden eines Unternehmens oder Dienstleisters zu. Bei B2B-Geschäften ist allerdings der Auftraggeber (und Bezahler) der Leistung nicht der (alleinige) Nutznießer. Betrachten wir eine solche Konstellation einmal am Beispiel des Verkaufs von Verkehrsflugzeugen an Airlines. Endkunden sind die Menschen, die Tickets bei der Fluggesellschaft kaufen, um von A nach B transportiert zu werden, die Kunden unserer Kunden also. Und damit diese die gekaufte Leistung beziehen können, braucht es noch eine Reihe von Vermittlern, wie Pilot*innen, Wartungsfirmen, Flughäfen usw. Sie gehören alle zur Kundenseite.
Qualität kann nur entstehen, wenn unsere Leistungen den Anforderungen und Bedürfnissen, den Interessen der gesamten Kundenseite gerecht werden.
Werfen wir einen Blick auf unseren eigenen Wertschöpfungsprozess: Um die Leistungen erbringen zu können, die wir unseren Kunden schulden, sind wir abhängig von zahlreichen Lieferanten. Das beginnt beim Planeten Erde, dessen Ressourcen wir verbrauchen und führt weiter über die öffentliche Infrastruktur, die wir nutzen, über die externen Zulieferer von materiellen und geistigen Werten, einschließlich unserer Eigentümer und Investoren, zu den Menschen in unserem Unternehmen, unseren Mitarbeitenden. Damit diese, unsere Lieferanten, ihren jeweiligen Beitrag zu unserer Produktion leisten können, müssen wir auch deren legitime Anforderungen erfüllen. Jeder Lieferant ist immer auch Kunde. Und in Bezug auf die Leistungslieferanten, die uns am nächsten stehen, unsere Mitarbeitenden, empfehlen wir folgendes Prinzip:
Behandle deine Mitarbeitenden so, wie du möchtest, dass sie deinen besten Kunden behandeln.
In unserem eigenen Interesse müssen wir einen insgesamt möglichst förderlichen Ausgleich zwischen den teilweise gegensätzlichen Interessen der Stakeholder suchen. Das ist ein komplexer, niemals abgeschlossener Prozess. Das Qualitätsprinzip 1, das wir im nächsten Beitrag vorstellen werden, wird uns dabei helfen, möglichst zielführende Abwägungen und Prioritäten zu finden.
Was heißt nun Kundenfokus? In unserem Verständnis liegt der Sinn unternehmerischen Tuns im Schaffen und Bereitstellen von Werten, von Nutzen, von Verbesserungen in der Welt. Unser Tun sollte Wert und Nutzen für alle unsere Stakeholder mit sich bringen. Zweifellos mit einer besonderen Gewichtung für unsere Endkunden. Aber die Perspektive des Kundennutzens, der Kundenfokus, ist auf alle Stakeholder anzuwenden.
Wer in der Krise empathisch und achtsam vorgeht, sich selbst zurücknimmt und die Interessen der Kunden und Stakeholder in den Vordergrund stellt, also Qualität in deren Sinn erzeugt, schafft besonders tiefe und starke Beziehungen. Kundenfokus führt uns durch die Krise und bereitet fruchtbaren Boden für dauerhaften Erfolg.
In unserem
stellen wir Ihnen Prozesse vor, wie Sie Kundenfokus und Stakeholderfokus in Ihrer Organisation realisieren können.
Seit 09.11.2020 im Handel.